Nützliches neues Wissen wird auch von neugierigen und engagierten Personen in zivilgesellschaftlichen Projekten am Rand von Universitäten und Forschungsinstituten geschaffen. Bürgerwissenschaftliche Projekte öffnen auch sehr erfahrenen Menschen vielschichtige Lernfelder und sie beleuchten oft gesellschaftlich bedeutsame Themen.
Citizen Science
Citizen Science schafft Wissen und bildet weiter
Von Bürger:innenwissenschaft oder Citizen Science ist im In- und Ausland die Rede, wenn Personen ohne institutionelle Anbindung an wissenschaftliche Institutionen wie Universitäten oder Forschungszentren an der Produktion neuen Wissens in namhafter Weise beteiligt sind. Auf wissenschaftliche Standards wird keinesfalls verzichtet, in leitenden Funktionen müssen «zünftige» universitäre Wissenschafter:innen aktiv sein und die Qualität sichern. Zu den nicht verhandelbaren Ansprüchen gehören
– anerkannte Methoden beim Sammeln von Informationen
– Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen
– Bezugnahme auf den fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand
– öffentliche Diskussion von Resultaten.
Viele Citizen Science-Projekte greifen zivilgesellschaftliche Fragen auf und unterscheiden sich damit von Vorhaben, die von disziplinspezifischen oder innerwissenschaftlichen Entwicklungen getrieben sind und damit anderen Logiken folgen. Bürgerwissenschaft sucht problemorientiert nach Lösungen, integriert Erfahrungen der beteiligten Citizens und hat zum Ziel, die Beteiligten selbst nicht nur im Kopf, sondern auch in ihrer Handlungsfähigkeit zu stärken. Sei es als Patientinnen und Patienten, als Hüter der Artenvielfalt, als Archivar:innen, Gestalter:innen neuer Lebensentwürfe im demografischen Wandel oder generell als politische Akteure. Im besten Fall ergänzt Citizen Science die Hochschulforschung bei der Produktion relevanter neuer Erkenntnisse.
Vielschichtige Weiterbildung für erfahrene Personen
Mitmachen setzt keine formale wissenschaftliche Ausbildung voraus; tatsächlich engagieren sich aber meist Personen mit Ausbildung auf tertiärer Stufe. Man kann sich für einen überschaubaren Zeitraum oder längerfristig immer wieder in neuen Projekten engagieren. Die Aktiven im Projekt «ältertätig» sind über persönliche Netzwerke spezifisch rekrutiert worden; sie haben eine Vereinbarung unterzeichnet, die ihre Rechte und Pflichten wie diejenigen der Projektleitung benennt und Verbindlichkeit schafft.
Projektmitarbeit ist Weiterbildung und bedeutet: Forschendes Lernen, kooperativ neues Wissen erwerben, Learning by Doing und Reflexion der eigenen Position im ganzen Geschehen. Oder Nutzung verfügbarer Kompetenzen in neuen Zusammenhängen. Dazu kommt Transaktion, die Vermittlung neuer Erkenntnisse in die Gesellschaft hinein.
Wie stets in der Wissenschaft besteht die Kunst im Formulieren origineller Fragen, die wirklich zu neuen Erkenntnissen führen.
Wie kommen Projekte zustande?
Viele bürgerwissenschaftliche Vorhaben werden von Hochschulangehörigen initiiert, die ihre Ziele nicht ohne ehrenamtlich tätige Forschende und deren spezifische Beträge – oft Personen im Rentenalter und Schüler:innen – erreichen können, speziell in der Schweiz. Im Ausland sind öfter selbst initiierte Vorhaben wie beispielweise «ältertätig» oder «neuesalter» zu beobachten. Grosse Unterschiede sind auch bei den Mitgestaltungsmöglichkeiten der Forschenden am Projektkonzept und -prozess zu beobachten. Manche Citizen Scientists werden an genaue Anweisungen gebunden, beispielsweise beim Sammeln von Stuhlproben im Dorf im Hinblick auf ein umfassendes Mikrobiom-Archiv. Andere entwickeln – im Rahmen verbindlicher Strukturen – gemeinsam freier gestaltbare Formen von Informationsgewinnung und -auswertung und sie engagieren sich auch gemeinsam bei der Vermittlung von Resultaten in die Zivilgesellschaft hinein. «Ältertätig» baut auf den Denk- und Erfahrungsschatz der Beteiligten auf.
Netzwerke in Zürich und schweizweit
ETH und Universität Zürich haben 2017 gemeinsam zur Förderung von Citizen Science-Projekten ein Kompetenzzentrum geschaffen, das in Wettbewerbsverfahren gewisse Startfinanzierung vermittelt, Unterstützungsleistungen für Projektverantwortliche anbietet, die Aktivitäten vernetzt und für mediale Verbreitung von Informationen sorgt. 2023 gab sich das Zürcher Zentrum neue Strukturen; es wird von der Mercator-Stiftung Schweiz gefördert. Unter dem Dach dieses Zentrums ist das Projekt «ältertätig» platziert und es gehört zum Netzwerk von Science et Cité Schweiz mit Sitz in Bern.